SPECIAL: "Making of Edgar Wallace - Das indische Tuch" (Ein eMail-Tagebuch)


Das Tagebuch zeigt die eMail-Kontakte zwischen Manuel Rösler (Musik) und Marc Gruppe (Titania Medien) während der Produktionsphase. Es ist ein "Making of" der ganz anderen Art, wir hoffen euch gefällt dieser ungewöhnliche Einblick, in die Welt der Hörspielproduktion...

Die Tage wurden mit Lesezeichen versehen, ihr könnt also jederzeit aufhören, und später weiterlesen. Es empfiehlt sich aber alles in einem Rutsch zu lesen!

Die blauen Texte, sind jeweils die Einleitungen auf die darauf folgende EMail!

INHALT - Das eMail-Tagebuch
eMail-Titel Datum / Uhrzeit

Lebenszeichen

Dienstag, 18. März 2003, 12:35 Uhr
„Der Walzer für Mylady...“ Mittwoch, 19. März 2003, 00:14 Uhr
Unhörbare Walzer-Tristesse Mittwoch, 19. März 2003, 12:09 Uhr
Musik-Liste Freitag, 21. März 2003, 01:57 Uhr
Das Skript & sein Score Samstag, 22. März 2003, 10:42 Uhr
Noch was ... Gedanken kommen ... Mittwoch, 26. März 2003 19:10
Die Ensemble-Aufstellung Donnerstag, 24. April, 2003 12:37 Uhr
Ihre Bestellung ... Donnerstag, 24. April 2003 13:35
End-Credits Donnerstag, 15. Mai 2003 17:19
Ran! Donnerstag, 15. Mai 2003 18:23
End-Credits Mittwoch, 21. Mai 2003 02:41
Titel Mittwoch, 21. Mai 2003 23:34
Straitjacket Dienstag, 27. Mai 2003 13:54
Welcome Dienstag, 3. Juni 2003 09:39
Bitte umstecken... Dienstag, 3. Juni 2003 17:15
Es kommt wieder was! Donnerstag, 5. Juni 2003 11:05
Finale-Musik Freitag, 6. Juni 2003 12:53
Naughty Joan Samstag, 7. Juni 2003 16:50
Widerliches Schwein! Mittwoch, 11. Juni 2003 15:34
Nachtarbeiter unter sich ... Donnerstag, 12. Juni 2003 09:30
Anreise Freitag, 13. Juni 2003 10:04
Ein letzter Rundruf bei allen Musikern Montag, 16. Juni 2003
Der Tag der Aufnahme! Dienstag, 17. Juni 2003




Dienstag, 18. März 2003, 12:35 Uhr

Von: Marc Gruppe
Thema: Lebenszeichen

Hallo Manuel,

... Wollte mich mal melden und anfragen, wie's mit Deiner werten Zeit aussieht. Nach der sehr erfolgreichen Wallace-Uraufführung wird es hörspielmäßig nun ernst für uns. Wie sieht es aus? Notenpapier bereit, Bleistift gespitzt? ...

Marc



Mit dieser E-Mail begann es. Marc, Stephan und ich hatten uns im Juni 2002 in Köln getroffen und waren seitdem in losem Kontakt verblieben. Marc hatte zu diesem Zeitpunkt gerade sein Theaterstück „Das indische Tuch“ geschrieben und in Leverkusen zur Uraufführung gebracht und ich hatte fleissig damit zu tun, meine Auftragsarbeiten für mehrere deutsche Orchester unter einen Hut zu bekommen. Und nun war es so weit – die Arbeit am „Indischen Tuch“ konnte beginnen. Recht bald hatte ich ein paar erste Themenentwürfe geschrieben und als MIDI-Datei verschickt.



Mittwoch, 19. März 2003, 00:14 Uhr

Von: Manuel Rösler
Thema: „Der Walzer für Mylady...“

Ich weiß nicht, ob du das hören kannst - ist mir gerade so eingefallen. Vielleicht hat es aber auch das gewisse Nichts? Was hältst du davon (bitte ehrlich)...?

Manuel



Leider weigerte sich Marcs Computer, die Dateien ordnungsgemäß abzuspielen, so daß zunächst eine Ersatzlösung gefunden werden musste:



Mittwoch, 19. März 2003, 12:09 Uhr

Von: Marc Gruppe
Thema: unhörbare walzer-tristesse

Hallo Manuel,

habe zwar extra ein real-one-update für midi runter geladen (mit Mediaplayer ging's gar nicht), konnte indes leider trotzdem nichts hören. Schade. Aber by the way, Mylady ist natürlich die zentrale victorianische Figur im Wallace und repräsentiert absolut das 19. Jhd. . Der zentrale Satz der Rolle lautet daher "Die Dynastie muss unter allen Umständen weiter bestehen!"

... Beste Grüße

Marc



Doch diese Probleme ließen sich bald lösen – künftig spielte ich Marc die fertigen MIDI-Musiken einfach am Telefon vor. (Der Walzer für Mylady gefiel zwar, musste aber später der „Dynastie der Lebanons“ weichen, die – wie deutlich zu hören – kein Walzer ist).

Komponisten lieben es, wenn Regisseure wissen, was sie wollen. Marc hatte mir gleich zu Beginn unserer Zusammenarbeit eine Liste aller Themen zusammengestellt, die voraussichtlich benötigt wurden. Zu einem Zeitpunkt, an dem das Hörspiel noch nicht eingesprochen war, für mich eine echte Erleichterung. Wir haben jeden einzelnen Punkt diskutiert und schließlich dreißig kleine und weniger kleine Musiken übrig behalten.



Freitag, 21. März 2003, 01:57 Uhr

Von: Marc Gruppe
Thema: Musik-Liste

Hallo Manuel,

anbei schon mal eine grobe Zusammenstellung der Musikstücke für den 1. Teil des Krimis in der jetzigen Gliederung. Vermutlich wird im 2. Teil nicht mehr allzu viel thematisch neues Material gebraucht werden, im Gegenteil, wir haben ja nach der CD1 2 Tote und auch Joan + ihr cholerischer Mann werden sich nach der Anfangsszene des ehemaligen 3. Aktes aus dem Geschehen verabschieden (und mit ihr jede Menge lieb gewordene Musik...).

;-)

Indes könnte es natürlich für die motivisch-musikalische Arbeit sehr reizvoll sein, je mehr sich ein Sachverhalt im Laufe der Ermittlung heraus kristallisiert, auch das motivische Material in der Durchführung entsprechend zu erweitern. Oder ist das zu sophisticated?

Setze da ganz auf Dich und Deinen "Spieltrieb".

;-)

So, mache mich jetzt an's Einrichten des ehemaligen 3. Bildes.

Beste Grüße einstweilen

Marc



Einen andere Entscheidung, die früh gefällt werden musste: Wie viele Musiker können wir uns leisten und wie viele Minuten Musik können wir an einem Tag aufnehmen? Ab Mitte März hatte ich Zeit, mich in die Komposition zu stürzen. Marc hatte im Script alle Stellen markiert, an denen er einen Musikeinsatz für sinnvoll oder notwendig erachtete. In den meisten Fällen habe ich seine Vorschläge gerne übernommen, da sie von einem sicheren Gespür für Musik und dramatische Wirkung zeugten.



Samstag, 22. März 2003, 10:42 Uhr

Von: Marc Gruppe
Thema: Das Skript & sein Score

Hallo Manuel,

...

Meinst Du denn, wir kommen mit 5 Musikern aus und hin bzgl. der verschiedenen Farben? Es muss einfach doch irjendwo einen talentierten Menschen geben, der div. Blasinstrumente, Saxophon UND Harfe spielen/zupfen kann ... (kleiner Scherz ....).

Tatsächlich hatten wir dann zwei Musiker, die vier verschiedene Instrumente gespielt haben – und hätten beinahe noch eine Jazztrompete eingesetzt (unsere Geigerin Polly hat nämlich auch Trompete studiert!). So viel zum Thema Effektivität...

Überleg mal.

....

Wir freuen uns jedenfalls tierisch drauf und sind schon in wilder Vorfreude, mit Deinem Score ein Produkt zu erarbeiten, mit dem derzeit sicher niemand rechnet. (Wie sagtest Du, aus der Deckung heraus ...) In diesem Sinne: auf geht's!

Beste Grüße

Marc



Ebenfalls geklärt werden musste die Frage des Aufnahmeortes. Nach einigen Überlegungen entschieden wir uns dafür, die Musiker in demselben Studio wir die Sprecher aufzunehmen: Bionic Beats in Wuppertal. Derweil wurde weiter am Konzept gefeilt:



Mittwoch, 26. März 2003 19:10

Von: Marc Gruppe
Thema: Noch was ... Gedanken kommen ...

Hi Manuel,

noch ein Gedanke, beim Durchsehen des Skripts ist mir nun (nach Dir) auch aufgefallen, dass es eventuell ein Tick zuviel (verschiedene) Musik ist. Wir wollen ja niemanden verwirren.

;-)
Und wir machen ja vielleicht mal eine Oper oder was ähnliches .... wo wir die Motivtechnik bis zum Exzess treiben können ...

Also: ich halte es da wie Du und finde die von mir auf dem Musik-Vorschlagsblatt angegebenen Themenkomplexe sollten hörbar aus den 6 motivischen Töppen gespeist sein:

1. Indien und alles was damit zu tun hat
2. Titelmusik
3. Joan & Studd und alles was damit zu tun hat
4. Die Dynastie und alles was mit dem "Haus" zu tun hat (Zwangsjacke)
5. Amershams Thema in 2facher Fassung
7. Isla & Totty

last but not least: 6. Atmoshäremusiken (Dunkle Allee, day after - Trenner Wintergarten kann von mir aus auch wegfallen und statt dessen an dieser Stelle eine längere Passage der verfolgten Unschuld kommen, wäre eigentlich sinnvoller - "es braut sich etwas zusammen" könnte eine light-version der dunklen Allee sein, "Das Netz zieht sich zu" eine lightversion mit erhöhtem Koffeeingehalt der dunklen Allee. ... Du verstehst mich sicher ...)

Mir ist nachdem ich es noch 2 mal komplett gelesen habe einfach wichtig, dass wir nicht zuviel verschiedene Themen haben ... Insofern - Du sagtest es ja auch bereits - ist manchmal weniger - aber Ausgefeiltes mit deutlichen Bezügen der einzelnen Titel untereinander (Variationstechnik) - mehr!

Du machst das schon. Und Deine midis - hörte sie gestern Nacht noch mal - machen mich schon sehr glücklich. Die Arbeit ist übrigens mit Dir sehr erquicklich und ich freue mich schon auf unsere ersten Untote im nächsten Stück!

Schöne Zeit,
es grüßt Dich bis zum Tel. Montag

Marc



Solchermaßen moralisch gestärkt und spürbar gebauchpinselt machte ich mich hoch motiviert wieder an die Arbeit und hatte nach einigen Tagen und einem Dutzend Telefonaten meine Wunschbesetzung für die Musikaufnahmen zusammen.



Donnerstag, 24. April, 2003 12:37 Uhr

Hallo Marc,

wie telefonisch versprochen, hier rasch die Ensemble-Aufstellung:

Michael Niesemann, Oboe / Saxophon
Diego Montes, Klarinette
Pauline Nobes, Violine
Johanna Seitz, Harfe
Eberhard Maldfeld, Kontrabass

Gibt es Notenpulte im Studio?

Bis denn
Manuel



Irgendwann während meines Umzugs von Köln nach Berlin ging dann auch das Skript verloren, an dem entlang ich schon zu komponieren begonnen hatte, bevor die Sprachaufnahmen Ende Mai im Kasten waren. Aber wozu gibt es denn verständnisvolle Regisseure! Harfenistin Johanna Seitz wurde später aus terminlichen Gründen von Silke Dittmann-Adorf ersetzt.



Donnerstag, 24. April 2003 13:35

Von: Marc Gruppe
Thema: Ihre Bestellung ...

Hallo Manuel,

kein Problem, das Skript in aktuellen, letztgültigen Fassung, in der die Sprecher ihren Part nun vorbereiten hängt anbei. (Mit den Musiken das ist noch nicht alles sooooo richtig in der Fassung aktualisiert, aber da hast Du ja die e-mail mit der Deziemierung; ich denke, da sind wir uns eh einig; die großen Themenkomplexe waren ja auch klar.)
Frohes Schaffen! Ich bin ja soooooooooooooo gespannt auf Deine Komposition!

Gute Reise & wir sehen uns nächste Woche im Ruhrjebiet.
Ich rufe Dienstag mal durch.

Liebe Grüße
Marc



Je tiefer wir beiden in den Stoff eindrangen, desto spezifischer wurden die Fragen. Ein Thema, über das wir uns lange die Köpfe zerbrochen haben, war der Schluss – der in der originalen Wallace-Vorlage bekanntlich recht überraschend mit einem Knalleffekt endet. Da wir für das ganze Hörspiel eine filmische Anmutung erreichen wollten, haben wir mindestens ein halbes Dutzend Möglichkeiten erörtert, um den „Fall des Hauses Lebanon“ (frei nach Edgar Allan Poe) zu einem effektvollen Abschluss zu bringen. Fest stand, dass wir eine Art musikalischer „End Credits“ haben wollten, also eine Musik, die dem Hörer(wie der Abspann eines Filmes) Gelegenheit gibt, das Gehörte zu reflektieren und zu verarbeiten. Ursprünglich hatten wir sogar geplant, unterschiedliche Themen (das „Liebesthema“ für Isla und Totty, Dr. Amershams düsteres Bösewicht-Motiv oder „Die Dynastie der Lebanons“) in einer „End Credit Suite“ zu verarbeiten, wie man sie aus großen Kinofilmen kennt. Letzten Endes haben wir uns allerdings für das genau Gegenteil entschieden und den plötzlichen und gewalttätigen Schluss durch die Wiederholung der Ouvertüre noch hervorgehoben – und damit die Spannung ein letztes Mal hochzufahren. „Das indische Tuch“ endet also mit derselben Musik, mit der es begonnen hat. Der Kreis schließt sich.



Donnerstag, 15. Mai 2003 17:19

Von: Marc Gruppe
Thema: End-Credits

Noch was!

Hi Manuel,

die "end credits" über die wir sprachen (= "Fall of the house of Lebanon" + eventl. Hoffnungsschimmer Romanze zw. Totty + Isla) bitte besser nicht zu sehr ausdehnen, da der Höhepunkt sonst leicht überschritten werden kann. Ich denke, höchstens 60 sec. sollten reichen. Was meinst Du?

Beste Grüße
Marc



Donnerstag, 15. Mai 2003 18:02

Von: Manuel Rösler
Thema: End-Credits

Hallo Marc,

sehe ich genau so. Meine Idee ist, die Credits schon während der letzten Szene zu beginnen und unmittelbar nach dem Schlußsatz dramatisch hochzufahren und mit einer Melange aus Liebesthema und Dynastiemotiv zu enden.

Was meinst?



Donnerstag, 15. Mai 2003 18:23

Von: Marc Gruppe
Thema: Ran!

Mach' mal, ich bin gespannt!
Beste Grüße

Marc



Eine Woche später – fast einen Monat vor Beginn der Aufnahmen – stand der Plan. Da wir nur einen Aufnahmetag hatten (den 17. Juni 2003), stand von Anfang an fest, dass wir nur eine bestimmte Menge Musik aufnehmen konnten. Eine Faustregel besagt, dass man mit einem Profiorchester etwa 15-20 Minuten pro Tag „schallplattenreif“ einspielen kann. Deswegen war es wichtig, frühzeitig zu wissen, wie viel Musik wir brauchen würden, in welchen Stücken wir eventuell sogar schneiden konnten etc.



Mittwoch, 21. Mai 2003 02:41

Von: Manuel Rösler
Thema: End-Credits

Cues

Hallo Marc,

Hier noch meine Cue-List für "Das Indische Tuch", falls du mal einen Blick drauf werfen willst. Es sieht nach mehr aus, als es ist, weil viele Stücke so geschrieben sind, dass man sie ausschnittweise verwenden kann. Einige Szenen schreibe ich aber als durchgehendes Melodram, dass ihr auf den Dialog schneiden könnt.

1. Ouvertüre (0:52’)
2. Die Dynastie der Lebanons (2:09)
3. Wintergartenthema (2:21)
4. Lord Willie begeht einen Mord (0:51’)
5. Lord Willie erschießt einen Treiber (0:32)
6. Indien-Remineszenz (0:13)
7. Der Morgen danach (1:42)
8. Dunkle Allee von Mark’s Priory (0:50)
9. Nach dem zweiten Morgen (0:52)
10. Suspense I (0:36)
11. Suspense II (2:42)
12. Ein dunkles Geheimnis I (1:10)
13. Trenner I (0:16)
14. Romanze in Mark’s Priory (1:36)
15. Naughty Joan (1:10)
16. Suspense III (0:46)
17. Der Sturm - Es braut sich etwas zusammen (1:30)
18. Ein dunkles Geheimnis (2.00)
19. Oktopus Amersham (1:00)
20. Islas Thema (1:10)
21. Broken Dream (0:30)
22. Finale Akt 1 (Das Indische Tuch / Amersham kippt tot aus der Gardine)

23. The Day After (Wintergartenthema)
24. Amershams Letzter Vorhang (0:11)
25. „Straitjacket“ (2:00)
26. Das Indische Tuch – Lange Version (1:30)
27. Finale Akt 2 (1:30)


Die kursiv geschriebenen Titel muss noch schreiben – das geht aber fix...



Irgendwann hatte ich damit begonnen, die fertig komponierten Teile meiner Musik auf eine geheime Seite meiner Homepage zu laden, was für Marc eine große Hilfe war, da er nun Tag und Nacht auf meinen ständig aktualisierten Musikbestand zugreifen und sich ein Bild machen konnte, wie er die fertig produzierte Musik in sein dramaturgisches Konzept einbauen konnte.



Mittwoch, 21. Mai 2003 23:34

Von: Manuel Rösler
Thema: Titel

Hallo Marc,

ich lade jetzt alle fertigen Stücke auf einen geheimen Teil meiner Homepage:

http://www.manuel-roesler.de ...

Wenn du auf einen Link klickst, öffnet sich die Partitur. Zum Abspielen musst du dieses Plugin herunterladen:

http://www.sibelius.com/products/scorch/

Beste Grüße Manuel



Dienstag, 27. Mai 2003 13:54

Von: Manuel Rösler
Thema: Straitjacket

Hallo Marc,

wird doch mal einen Blick in „Du-weißt.schon-wo“, da habe ich einen Vorschlag für das Straitjacket-Thema eingestellt.

Bin ab heute abend für fünf Tage in Schleswig-Holstein,

liebe Grüße
Manuel




Natürlich kommunizierten wir auch fleissig über das Telefon – teilweiese bis zu fünfmal täglich!


Von: Manuel Rösler
Thema: Back again!

Hallo Marc,

zurückgekehrt aus dem Nordkolleg ("das mit der tollen Küche!") ich habe jetzt auch mal etwas für unser Projekt getan und meine Seite aktualisiert und mich bei den HSP-Freunden gemeldet.

...

Ansonsten bald wieder telebimm?

Beste Grüße
Manuel



Dienstag, 3. Juni 2003 09:39

Von: Marc Gruppe
Thema: Welcome

Welcome home!

Hallo Manuel.

Natürlich sollten wir telebimm machen. ;-)

Wir haben gestern mal grob das Gewünschte für Dich (senza Finale) zusammen
geschnibbelt. Schicke ich Dir gleich.
Melde mich so gegen 11 mal.

Bis dahin
beste Grüße
Marc



Da ich nach meinem Umzug nach Berlin für einige Monate ohne DSL-Anschluss war, gestaltete sich die Kontaktaufnahme per Telefon jedoch zuweilen recht schwierig... Da ich oft vergaß, den Modemstecker wieder aus den Buchse zu ziehen und das Telefon wieder einzustöpseln, musste Marc mich immer vorwarnen, wenn ich einen Anruf entgegen nehmen sollte...



Dienstag, 3. Juni 2003 17:15

Von: Marc Gruppe
Thema:

Hallo,

bitte umstecken ... !
;-) Ich komm' auf keiner Leitung dursch ...

Grüße

Marc



Inzwischen waren auch die Sprachaufnahmen im Kasten und ich hatte noch ein paar Tage Zeit, meine Musik passgenau auf die die dramaturgisch sehr verschachtelte Mordszene im 1. Akt und vor allem das lange Finale zurechtzuschneiden. Marc und sein Toningenieur Carsten hatten in einer Nachtaktion die wichtigsten Szenen schon einmal zurecht geschnitten und mir auf CD geschickt. Jetzt zahlte es sich aus, dass „Das indische Tuch“ eine echte Ensembleproduktion war und alle Sprecher zur gleichen Zeit im Studio waren: die lästige Schneidearbeit, die entsteht, wenn man den einen Sprecher in Hamburg, den nächsten in Bochum und den dritten in Berlin aufnimmt und es sich halbwegss natürlich anhören soll, was die Arbeit am Finale um Tage verlängert hätte: Hier entfiel sie völlig und ich konnte gleich loslegen. Bis zum Wochenende wollte ich die Partitur fertig gestellt haben, um meinen Musikern die Noten schicken zu können und selbst noch einmal die Partitur unter dem Blickwinkel des Dirigenten zu studieren.



Donnerstag, 5. Juni 2003 11:05

Von: Marc Gruppe
Thema: Es kommt wieder was!

Lieber Manuel,

das "Finale" befindet sich auf dem Postweg in die Justus-Jonas-Straße. Hoffe, die Post ist so fix, wie vorgestern und freue mich dann nach Empfang über ein nettes Abstimm-Telephonat. ;-)

Bis dahin!
Liebe Grüße

Marc



Diesmal hatte ich sogar selbst daran gedacht, das Telefon wieder einzustecken! Drei Tage hatte ich noch, um die Musik für das Finale zu schreiben – ich muss zugeben, dass ich allmählich ein wenig nervös wurde, ob mir noch etwas „G’scheit’s“ (wie es eine liebe Freundin gerne ausdrückt) einfallen würde... Marc’s Wunsch für die Finale-Musik habe ich natürlich gerne erfüllt – zumal ich ohnehin denselben Gedanken hatte. Zwei verwandte Seelen halt...



Freitag, 6. Juni 2003 12:53

Von: Marc Gruppe
Thema: Finale-Musik

Lieber Manuel,

doch noch was zum Finale. Willies: "Wissen Sie, wer in dem Zimmer ist, das meine Mutter so sorgfältig verschlossen hält, Chief Inspector?" (da bietet sich ja das Strait-jacket-Thema an), danach die Stelle WILLIE: "Meinen Vater hält sie dort gefangen! - Ich bin nämlich noch gar nicht Lord Lebanon ... blabla bis zu ... Er hat all diese Morde begangen!" bitte aber unbedingt frei lassen, da muss, ebenso, wie zum Schluss absolute Ruhe einkehren. Ansonsten möglichst auf früher Musi verweisen (Studd/Joan, Attacken mit den indischen Tüchern, indisches Tuch, Ahhh, Indien, Amersham und STRAIT-JACKET Reminisenzen.) Bin gespannt und freu' mich schon tierisch drauf.

Liebe Grüße

Marc



Kurz vor Schluss entschied ich mich, den Charleston, den wir als Motiv für die Figur der „Joan Tilling“ haben wollten, durch eine andere Musik zu ersetzen. „Joan“ (im Hörspiel gesprochen von der wunderbaren Dörte Lyssewski) ist eine gebrochene Figur: auf der einen Seite männermordender Vamp, auf der anderen Seite eine verletzliche und sensible Frau, die sich nach Liebe sehnt. Ich habe versucht, diese verletztliche Seite in dem Stück „Joans kleiner Traum vom großen Glück“ einzufangen. Gleichzeitig fand ich, dass es eine schöne Idee wäre, wenn sowohl die oberflächliche wie auch die sensible Seite Joans aus demselben musikalischen Material gespeist würden. Also habe ich das Thema von „Joans kleiner Traum“ einfach in eine andere Tonart transponiert und mit ein paar „zickigen“ Synkopen versehen – und fertig war „Naughty Joan“...



Samstag, 7. Juni 2003 16:50

Von: Marc Gruppe
Thema: Naughty Joan

Hallo Manuel,

Charleston ist suuuuuuuuper! Das wird für Atmosphäre sorgen und für den Zeitgeist von 1928. Weiter so. Klasse. Wir sind mal wieder begeistert.
Dir schöne Pfingsten in der Komponierstube ... obwohl Du ja hoffentlich auch mal raus darfst und den Frühsommer genießen.
Ich melde mich Dienstag.
Liebe Grüße

Marc


Probleme bereitete mir allerdings der schmierige Hausarzt Dr. Amersham. Genauer gesagt – sein Thema. So wie Christian Rode ihn spricht, ist er ein grandioser „Opernschurke“ vom Format eines Jago im „Otello“ oder Kaspar im „Freischütz“. Aber konnte ich ihm wirklich ein starkes, opernhaftes Thema schreiben, ohne dass es zu aufgesetzt wirkte?



Mittwoch, 11. Juni 2003 15:34

Von: Manuel Rösler
Thema: Widerliches Schwein!

Hallo Marc,

ich habe heute die Cue-List für die Aufnahmen angefertigt, du kannst jetzt alle Titel am bekannten Ort einsehen. Das Amersham-Thema bereitet mir noch einige Probleme - ich bekomme den Kerl einfach nicht zu fassen. Lass uns noch mal darüber telefonieren...

Beste Grüße
Manuel



Dass dieses „widerliche Schwein“ (Lady Lebanon über Dr. Amersham) nun tatsächlich ein finster dräuendes Thema erhalten hat, ist Marcs ausgeprägtem Theaterinstinkt zu verdanken, der mir immer wieder gut zuredete: „Denk dran, wir brauchen noch eine starkes Thema für dieses ‚widerliche Schwein’ Amersham.“)



Donnerstag, 12. Juni 2003 02:28

Von: Manuel Rösler
Thema: Widerliches Schwein!

Hallo Marc,

vielen Dank für die Wegbeschreibung - ich hatte zwar bereits eine verschickt, aber diese ist natürlich noch ein wenig "persönlicher". Sehr schön, ist schon versendet!

"Oktopus Amersham" und "Amershams's letzter Vorhang" sind online, "Aaah, Indien..." heißt jetzt "Willies erster Mord" - und was war noch mal "Indisches Tuch"?

Gute Nacht
Manuel


Rechtzeitig zu meinem 31. Geburtstag ist die Partitur fertig und ich kann die Päckchen für unsere Musiker schnüren: Noten, Wegbeschreibung und ein auf die Minute kalkulierter Aufnahmeplan. An einem einzigen Tag müssen 32 Minuten Musik aufgenommen werden. Was sich nach wenig anhört ist in Wirklichkeit ziemlich viel – zum Vergleich: die durchschnittliche Aufnahmezeit für eine Hollywood-Produktion beträgt etwa eine Woche; John Williams hat für seine 119 Minuten Musik für „Star Wars – Episode 1“ sogar 16 (!) Aufnahmetage verbraucht. Und das mit einem der besten Orchester der Welt – dem London Symphony Orchestra... Grund genug, sich Sorgen zu machen. Andererseits habe ich bei „unseren“ fünf Musikern überhaupt keine Bedenken, dass alles gut gehen wird.



Donnerstag, 12. Juni 2003 09:30

Von: Manuel Rösler
Thema: Nachtarbeiter unter sich ...

Hallo und guten Morgen nach Berlin.

Sehr schön! Gefällt mir. Willies ersten Mord habe ich auch mittlerweile gefunden und "Indien" gefällt mir prächtig, besonders der plötzlich abreißende Schluss (ohne wirklich Schluss zu sein ....) - sehr gut, bitte lassen.
So, ich denke, jetzt haben wir's. Fertig, "Bernard"! AUFNAHME!
;-) Kann es fast nicht mehr abwarten.

Erhol' Dich.
Liebe Grüße

Marc


Und auch der Regisseur ist zufrieden – jetzt ist es wichtig, sich ein paar Tage zurückzulehnen und sich in Ruhe auf die Aufnahmen vorzubereiten. Um gegen mein beginnendes Lampenfieber anzukämpfen, komponiere ich gleich an etwas ganz anderem weiter: Ein Requiem für Chor und Orchester, das am 18. November 2003 in Lemgo uraufgeführt werden soll.

Der Tag der Aufnahme naht und es wollen allerhand praktische Aufgaben gelöst werden. Das Studio befindet sich in einer alten Fabrik etwa zehn Autominuten vom Bahnhof Wuppertal-Oberbarmen entfernt und natürlich muss absolut sicher gestellt sein, dass alle Musiker um 11 Uhr spielbereit im Studio angekommen sind. Ich verbringe die Zeit also damit, Wegbeschreibungen auszugeben und Fahrgemeinschaften zu bilden. Am Ende klappt doch noch alles wie am Schnürchen: Geigerin Polly Nobes und Oboist Michael Niesemann kommen mit dem Auto aus Köln, die Musiker mit „sperrigen Instrumenten“ (Harfe, Kontrabass) sowieso und unser Klarinettist Diego Montes und meine Wenigkeit werden mit dem Zug anreisen.




Friday, June 13, 2003 10:04 AM

Von: Manuel Rösler
Thema: Anreise

Hallo Manuel!

Ich war ja gestern ja mal wieder schneiden und hab' somit den einheimischen Carsten bzgl. der Anreise mit dem Zug fragen können. Allllso: noch besser (viel besser) wäre es, wenn Du und Diego einen Zug nehmen könnten, der entweder in W-Barmen oder W-Oberbarmen hält (das tun so manche Nahverkehrszüge, allerdings muss man aufpassen, da es manchmal ein entweder oder ist). Wäre lieb, wenn Du Diego informieren könntest und selbst auch schon mal eine Verbindung nachschauen würdest, die vielleicht dort hält. Von den beiden genannten Bahnhöfen zum Studio sind es nur ca. 10 Min. (man muss halt nicht durch die janze Stadt zuckeln). Wenn es keine Verbindung gibt, kommen wir natürlich selbstmurmelnd auch gerne auch zum Hauptbahnhof, klar! Um alle Verspätungen einzukalkulieren und einen pünktlichen Aufnahmebeginn zu gewährleisten, wäre Deine Anreise gegen spätestens 9:15 Uhr und Diegos gegen 10:30 Uhr angeraten. ;-)

Ich hoffe Dein Birthday war nach Wunsch gestern - mit Trubel od. ohne es grüßt jedenfalls vom Rhein nach Börlin

der Marc


Auch das war rasch organisiert.

Freitag, 13. Juni 2003 18:07

Von: Manuel Rösler
Thema: Anreise

Hallo Marc,

Diego habe ich schon Bescheid gesagt, er kommt um 10:18 am Bhf Oberbarmen an, evtl kommt er aber auch mit einem der anderen Kollegen, das teile ich aber noch mit. Ich bin um 08:58 am Bahnhof.

Beste Grüße
Manuel.



Montag, 16. Juni 2003

Ein letzter Rundruf bei allen Musikern: Sind die Noten angekommen, weiß jeder, wo das Studio ist und wie er/sie dahinkommt. All diese kleinen Kleinigkeiten, derer man sich lieber einmal zu oft vergewissert. Bei diesen Kollegen aber eigentlich überflüssig: Selbstredend wissen alle Bescheid, haben an diesem Tag keinen Familienausflug geplant (man errichtet ja im Vorfeld solcher Aufnahmen die absurdesten Schreckens-Szenarien...) und freuen sich auf den morgigen Tag. Kontrabassist Eberhard Maldfeld verbreitet am Telefon wie immer heitere Gelassenheit: „Wir kriegen das schon schön!“

Dienstag, 17. Juni 2003

Der Tag der Aufnahme! In einer Marathonsitzung von über sechseinhalb Stunden nehmen wir den kompletten Soundtrack auf. Es ist einer der heißesten Tage des Jahres und wir fühlen uns bereits um 12 Uhr wie in einer Sauna. Doch Aufnahmechef Carsten bleibt cool, Marc und Stephan haben am Vorabend Zwiebelkuchen gebacken, Häppchen und Getränke bereit gestellt und alle sind entsprechend guter Dinge. Eberhard hievt seinen Bass bereits um neun Uhr dreißig in das Studio und nur wenige Minuten später treffen auch schon Harfenistin Silke Dittmann und Klarinettist Diego Montes ein. Eine halbe Stunde vor Beginn ist das Quintett vollständig und wir legen los: Produzent und Regisseur platzieren sich hinter der gläsernen Trennscheibe, die Noten werden noch einmal sortiert, Plätze zurecht gerückt und ich hebe den Taktstock für die „Ouvertüre“.

Um kurz vor halb sieben ist der letzte Take („Lord Willie treibt sich herum“) im Kasten. Nach beendeter Aufnahme hören wir mit den Musikern noch in die Sprecher-Aufnahmen hinein. Alle sind K.O., aber glücklich und gegen halb acht abends hat auch der letzte Musiker das Studio wieder verlassen und das Produzententeam und die beiden Aufnahmetechniker haben ihren vollkommen erschöpften Komponisten wieder für sich alleine. Auf den wartet allerdings noch etwas Arbeit: Damit die Musik in den nächsten Wochen gemischt werden kann, muss ich die Auswahl treffen, welche Takes genommen werden. Von den meisten Stücken haben wir zwei oder drei vollständige Versionen eingespielt und oft ist die letzte so gut, dass wir gar nicht mehr schneiden müssen. Das „Wintergartenthema“ ist sogar ein sogenannter „First Take“.

Kurz nach Mitternacht sind wir fertig und ich lasse mich auf das breite Studiosofa von Bionic Beats fallen. Produzent Stephan Bosenius vollbringt die letzte seiner vielen guten Taten an diesem Tag und „fährt zur Tanke“. Nie war ein Bier leckerer!!!! Um drei Uhr nachts sinke ich dann endlich in mein Bett. Es ist vollbracht!




© + (P) 2003 Titania Medien
Das eMail-Tagebuch wurde von Titania Medien und Manuel Rösler Exklusiv für dieses Special bereitgestellt. Herzlichen Dank dafür!




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