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Udo Schenk

Ein Interview von Markus Stengelin
geführt am 08. Dezember 2002

Udo Schenk ist ein Berliner Schauspieler, der im kommerziellen Hörspielbereich vor allem durch seine Gastauftritte in der ersten Staffel der Hörspiel-Serie John Sinclair (Edition 2000), erschienen bei Lübbe Audio / Wort Art, einige Bekanntheit erlangen konnte. Aber auch in späteren Folgen durfte er seine schauspielerischen Fähigkeiten ausleben (Die Geisterbraut). Neben zahlreichen Hörspiel- und TV-Auftritten las er auch für Lübbe Audio Hörbücher ein, wie zum Beispiel „Stand by Me“ von Stephen King.

HörNews: Wie war Ihr beruflicher Werdegang?

Schenk: Mein beruflicher Werdegang war eigentlich so, wie ich mir heute vorstelle, dass jemand zur Schauspielerei kommen sollte, denn das ist heute leider nicht mehr üblich, so wie ich das seinerzeit gemacht habe. Also ich bin nach dem Abitur auf die Schauspielschule gegangen, und zwar in der damaligen DDR. Ich komme aus einer kleinen Stadt im Land Brandenburg, Wittenberge an der Elbe. Und ich habe dann von 1971-74 in Leipzig an der, so hieß sie damals, "Theaterhochschule Hans Otto" vier Jahre studiert, und bin dann anschließend für 10 Jahre ans "Maxim Gorki Theater" nach Ost-Berlin gegangen, und habe dort erst mal all das gemacht, was ich glaubte, auf der Schule nicht gelernt zu haben, nämlich zu begreifen, wie der Beruf eigentlich funktioniert.

HörNews: Wann kamen Sie beruflich das erste Mal mit Hörspielen in Kontakt?

Schenk: Eigentlich sehr früh, denn in der DDR gab es eine sehr starke Hörspielabteilung beim Rundfunk. Und wie auch das Fernsehen und die DEFA, also das Spielfilmstudio der DDR und auch der Rundfunk, alle in Berlin waren, beziehungsweise die DEFA in Potsdam, hatte man natürlich als Berliner Theaterschauspieler dann auch das große Glück, relativ schnell alles machen zu können, also Funk, Fernsehen und Kino. Und so war es bei mir auch. Ich kann das heute nicht mehr genau sagen, aber ich denke mal 1976 werde ich irgendwann mein erstes Hörspiel gemacht haben.

HörNews: Wie kamen Sie zu den SINCLAIR-Hörspielen?

Schenk: Eigentlich auch übers Hörspiel. Ich finde es immer ganz interessant, wenn man als Schauspieler zurückverfolgen kann, wie sich die eine oder andere Besetzung ergeben hat. Beim Hörspiel war es jetzt ähnlich. Also ich habe irgendwelche Hörspiele gemacht und irgendwann dann das Hörspiel "Die Säulen der Erde" von Ken Follet. Das war ja glaub ich sehr erfolgreich, das hat der WDR seinerzeit produziert. Und der LÜBBE-Verlag hat es dann übernommen als Hörbuch. Der LÜBBE-Verlag ist ja auch an diesen Sinclair-Hörspielen beteiligt. Und so hat sich das erst mal ergeben, so bin ich zu den Sinclair-Hörspielen gekommen. Die Produzenten, bzw. der Regisseur, waren ja glaube ich ganz zufrieden, mit dem, was ich gemacht habe...

HörNews: Die Hörer wohl auch...

Schenk: Ja, das hab ich schon mitbekommen. Das finde ich sehr schön, dass da überhaupt so ´ne tolle Fangemeinde existiert.
Ja, und dann habe ich irgendwann die zweite Staffel dieser Sinclair-Hörspiele gemacht. So hat sich das ergeben. Also sag ich mal, für einen Schauspieler relativ normal. Man macht etwas, jemand hört es oder sieht es, und empfiehlt einen weiter oder besetzt einen irgendwann Jahre später. So schließt sich dann immer der Kreis. Und das finde ich als Schauspieler ganz schön, zurück zu verfolgen, wenn man dann merkt, dass die eine oder andere Arbeit das eine oder andere neue Engagement ausgelöst hat.

HörNews: Wie bereiten Sie sich auf eine Hörspielaufnahme vor?

Schenk: Also im Prinzip nicht anders wie auf jede andere Rolle, ob nun am Theater oder beim Drehen. Der einzige Unterschied besteht darin, man muss den Text natürlich nicht auswendig lernen. Da man nicht vor einer Kamera oder vor Publikum steht, kann man den Text in der Hand behalten und ablesen. Aber man muss sich natürlich genau so schauspielerisch darauf vorbereiten, was man spielen will, was man erreichen will, was das für eine Figur ist, mit welchen Facetten, was für ein Charakter und so weiter, damit man, wenn man mit den anderen Schauspielern gemeinsam am Mikrofon steht, tatsächlich auch spielen kann und mit dem Text umgehen kann.

HörNews: In den SINCLAIR-Hörspielen sind Sie überwiegend als Bösewicht, Mörder, Dämon... zu hören. Besteht da nicht die Gefahr, sich irgendwann selbst zu kopieren?

Schenk: Ja, also selbst kopieren würde ich mal eher nicht sagen. Weil wenn ich wie bei Sinclair vier, fünf oder sechs verschiedene hintereinander gemacht habe, dann achte ich schon darauf, dass ich mich nicht plötzlich irgendwo doppele, beziehungsweise tut es der Regisseur. Aber ich weiss, was Sie meinen. Man muss natürlich bei diesen Geschichten auch, sag ich mal, im positiven Sinne chargieren (Anm.: Der Begriff Charge bezeichnet in der Theatersprache eine Nebenrolle mit meist einseitig gezeichnetem Charakter). Und das muss ja nichts schlechtes sein. Aber dieses Genre verlangt es einfach. Da kann man natürlich schon mal daneben greifen. (lacht) Ich hoffe, dass es mir bisher noch nicht passiert ist. Also ich bemühe mich jedenfalls.

HörNews: Wurden bei einer Aufnahmesession für die SINCLAIR-Hörspiele eigentlich die Rollen nacheinander eingesprochen oder mussten Sie immer wieder zwischen den verschiedenen Rollen hin und her "springen"?

Schenk: Nein, wir haben Hörspiel für Hörspiel nacheinander produziert. Bei den Sinclair-Hörspielen war es dann allerdings, im Unterschied zu einem Hörspiel beim WDR oder beim Bayerischen Rundfunk so, dass ich ganz allein war. Bei normalem Hörspielen ist man eben wie auf der Bühne oder vor der Kamera mit den anderen Leuten zusammen und spielt gemeinsam eine Szene. Bei den Sinclair-Hörspielen wurde alles getrennt aufgenommen. Das ist mitunter auch technisch einfacher, denke ich mal, obwohl ich davon nicht soviel Ahnung habe. Aber wenn es gerade um Effekte geht und um Action, und wo viel gebrüllt wird, ist es dann einfacher, weil es auch sehr anstrengend ist, also jetzt für den Schauspieler in dem Moment. Wenn sich dann der Partner, wenn man denn einen hätte, verspricht, oder sonst irgend was passiert, und man muss das aus anderen Gründen, als aus eigenen Fehlern nochmal machen, ist das natürlich ärgerlich. Und insofern wurden diese Sinclair-Hörspiele alle einzeln aufgenommen, also die Sprecher einzeln aufgenommen, und natürlich die Hörspiele alle nacheinander, sodass ich nicht hin und her springen musste.
Ich habe dann den kompletten Text vor mir, auch den kompletten Text der anderen Sprecher, die innerhalb der Szene dabei wären. Und während ich meinen Text spiele und spreche, lese ich natürlich auch das was dazwischen gesagt wird, und versuche dann auch das ein wenig so abzunehmen, als wenn der andere Schauspieler dabei wäre. Das ist manchmal auch nicht so schön, weil einem dann der Widerpart gegenüber fehlt. Aber es muss eben so sein.

HörNews: Gab es auch die Option, Ihnen eine dauerhafte Rolle in den SINCLAIR-Hörspielen zu geben? Würden Sie eine Hauptrolle in einer Hörspielserie annehmen?

Schenk: Also, das Angebot oder die Frage gab es nicht, weil ich glaube, dass die Sinclair-Hörspiele oder diese Vorlagen auch garnicht so aufgebaut sind. Es gibt den Helden, der kehrt ja immer wieder, aber die Bösen sind halt immer andere...

HörNews: Es gibt ein paar Freunde, die immer wiederkommen. Aber es stand nicht zur Debatte, das man Ihnen eine solche Rolle gibt...

Schenk: Nein, aber ich hätte nichts dagegen. Das gehört aber, glaube ich auch zum Job. Und das ist dann auch die Entscheidung eines jeden Schauspielers selber, ob er eine durchgehende Rolle, sei es jetzt beim Hörspiel oder beim Fernsehen machen will, oder nicht. Also ich hätte kein Problem damit.

HörNews: Wie gefallen Ihnen die SINCLAIR-Hörspiele persönlich? Kannten Sie die Geschichten schon vorher?

Schenk: Ich habe glaube ich zweimal in der Vergangenheit was gelesen. Sonst habe ich mich nicht weiter damit beschäftigt. Als ich es dann gehört habe, war ich wirklich beeindruckt, was da für ein akustisches Breitwandkino, im besten Sinne über einen kommt. Ich habe mir die ersten, die mir dann geschickt wurden auf einer längeren Autofahrt angehört, weil ich glaube, im Auto eine bessere Anlage zu haben, als in der Wohnung. Und das war schon heftig, aber auch sehr, sehr spannend. Ich hab das dann auch mehrmals an Freunde verschenkt, zu Geburtstagen und so weiter und da kam auch immer ein sehr gutes Echo.

HörNews: Wo liegen für Sie als Schauspieler die Unterschiede zwischen der Arbeit an einem Hörspiel und einem Hörbuch? Sind Sie in der Interpretation Ihrer Rollen bei einem Hörbuch freier als bei einem Hörspiel?

Schenk: Der Unterschied zwischen Hörbuch und Hörspiel ist ja einfach der, dass man bei einem Hörspiel tatsächlich Situationen spielt, und bei einem Hörbuch hat man halt die Funktion des Vorlesers. Das ist schon mal was ganz unterschiedliches. Sicher hat man auf diese Art und Weise beim Hörbuch einen größeren Einfluss auf die Gestaltung, weil es doch glaube ich sehr von der jeweiligen Persönlichkeit des Schauspielers abhängt, der gerade spricht. Und der Auftraggeber oder der Regisseur hat ja eine Erwartung an einen bestimmten Schauspieler oder eine bestimmte Schauspielerin bei der Besetzung eines Hörbuches und setzt dann glaube ich auch ganz auf diese spezielle Art zu interpretieren.
Beim Hörspiel muss man natürlich, wie beim Spielen überhaupt, einfach gewisse dramaturgische und inszenatorische Vorlagen und Ansprüche erfüllen und hat dadurch natürlich auch weniger Einfluss auf die Gestaltung.

HörNews: Für mich sind Sie jemand, der in seine Hörspielrollen mehr Energie zu stecken scheint, als manch anderer. Will sagen, Sie sterben und morden jedes mal sehr überzeugend. Macht das vielleicht den Reiz an einem Hörspiel aus? Die Möglichkeit, mal richtig "die Sau rauszulassen"?

Schenk: Richtig, man muss, was ich vorhin schon sagte, beim Hörspiel, und gerade bei Sinclair, natürlich ein bisschen, wie man hier in Berlin sagt, "Butter bei die Fische geben". Und das macht natürlich Spaß, logisch. Aber auch als Schauspieler vor der Kamera, am Theater weniger, habe ich in den letzten Jahren auch zu einem ganz großen Teil mehr die bösen Parts bekommen, als die guten. Und ich denke, wenn ein Sinclair-Hörspiel mal verfilmt würde, und ich hätte die Ehre dabei mitspielen zu dürfen, dann würde ich das mit dem selben Engagement, natürlich mit anderen Mitteln machen, wie beim Hörspiel. Aber vielleicht bin ich auch bei diesen Bösen am glaubhaftesten, denn ich werde immer wieder gern, auch von Freunden mit denen ich lange zusammengearbeitet habe, also Regisseure, immer wieder mit den Bösen besetzt.

HörNews: Sie haben an der Hörbuchfassung einer Stephen King-Geschichte mitgewirkt. Mich würde interessieren, welche Rolle in einer Hörbuchproduktion dem Regisseur zukommt. Ein Hörbuch ist ja eher eine One-Man-Show. Brauchen Sie als Profi da überhaupt einen Regisseur bei einer Hörbuch-Lesung?

Schenk: Ja, unbedingt. Weniger für das Gestalterische. Natürlich spricht man sich vorher ab, wie man den Stoff empfindet, was man sich so denkt, und so weiter. Aber das Eigentliche ist: So ein Hörbuch ist wie ein großer Berg, den man abzuarbeiten hat, wenn er denn vor einem liegt. Und es ist auch richtig harte Arbeit.
In der Regel habe ich das in den letzten Jahren, wenn ich ein Hörbuch gemacht habe, immer so gemacht, dass ich so richtig acht, neun Stunden gesprochen, sprich, gelesen habe, und dann eben so viele Tage, bis man mit dem Werk durch war. Und da braucht man einfach jemanden, der da sitzt, der konzentriert zuhört. Denn irgendwann, nach der zwanzigsten oder dreißigsten Seite, passiert es unausweichlich, dass man sich verspricht, ohne es zu merken, sich verliest, ohne es zu merken, einen gedanklichen Bogen nicht hinbekommt, ohne es zu merken. Obwohl man natürlich das Buch durchgearbeitet hat, und ich mir zumindest hunderte Zeichen an die Seite gemacht habe. Weil Buchstaben haben die Eigenart, einem irgendwann vor den Augen zu flimmern. Da braucht man jemanden, der zuhört und einen dann unterbricht und sagt: "Atme durch, komm raus, trink ´nen Kaffee, lass uns über was anderes reden.", um dann neu anzusetzen. Das könnte man nicht alleine machen. Das kann auch nicht der Tonmeister übernehmen, der natürlich hinten sitzt und auf ganz andere Dinge hören und achten muss.

HörNews: Gibt es eine Traumrolle für ein Hörspiel oder eine Traumvorlage für eine Hörbuchproduktion?

Schenk: Nein, würde ich eigentlich nicht sagen. Also, ich würde gerne mal, was ich am Theater mehrmals gemacht habe, klassische Texte, zum Beispiel von Kleist sprechen und lesen, weil die einfach wunderschön sind. Natürlich ist das Publikum oder der Markt dafür glaube ich sehr begrenzt, aber das würde mir auch mal Spaß machen, weil ich schon lange kein Theater mehr spiele.

HörNews: Hören Sie selbst gern Hörbücher oder Hörspiele (Welche?)

Schenk: Ja. Also, da kann ich Ihnen jetzt mit keinem Titel kommen. Und ich höre auch eigentlich nie wenn ich zu Hause bin, sondern nur unterwegs im Auto. Zu Hause höre ich mir nicht mal die Dinge an, die ich gemacht habe, weil mir da einfach die Zeit fehlt. Aber man ist ja doch des öfteren mit dem Auto mehrere Stunden unterwegs, und wenn ich keine Kassetten oder CDs dabei habe, dann suche ich auch im Radio ständig nach Hörspielen, oder überhaupt nach Sendungen, wo gesprochen wird. Weil dieses Musik-Gedudel, das momentan so auf allen Sendern läuft ist ja auch nicht unbedingt erbaulich.

HörNews: Wie erklären Sie sich den steigenden Erfolg von Hörbüchern und Hörspielen gerade bei Erwachsenen?

Schenk: Also ich könnte mir vorstellen, dass es daran liegt, dass, wenn man sich das anhört, man natürlich auch wie beim Lesen eines Buches mit seiner Phantasie oder seiner Interpretation alleine ist und nichts vorgefertigtes vom Bild her bekommt. Und man wird nicht von überflüssiger Werbung oder anderen Dingen unterbrochen. Oder wenn man im Auto sitzt, wird man nicht vom Verkehrsfunk unterbrochen oder so etwas. Und es hat vielleicht auch so ´ne Intimität, sich zurückzuziehen, die Kopfhörer aufzusetzen, sich irgendwo gemütlich in die Ecke zu setzen und sich dann in so eine akustische Welt zu begeben. Also ich stelle mir schon vor, dass der Erfolg daher kommt.

HörNews: Zur Synchronisation:
Im November wurden bei einer "Gala der großen Stimmen" die Preise für die besten deutschen Synchronleistungen vergeben. Von dem Regisseur Volker Schlöndorff, der bei der Veranstaltung als Ehrenpräsident der Jury wirkte, stammt der Ausspruch: "Die Schauspieler haben es nicht länger verdient, als Synchronfritzen beschimpft zu werden."
Wie ist Ihre Meinung? Die Synchronisation, ein Stiefkind der Schauspielerei?

Schenk: Das ist ganz offensichtlich ein Stiefkind der Schauspielerei. Man muss das Ganze natürlich sehr differenziert betrachten. Es gibt immer wieder Leute die glauben, sich daran profilieren zu müssen oder zu können, dass sie Synchronisationen generell ablehnen und in irgendwelchen Medien das auch so darstellen. Die Mehrheit der Menschen in unserem Land spricht nun mal kein chinesisches Mandarin oder keinen südfranzösischen Dialekt. Und selbst, wenn man einen amerikanischen Film im Englischen sieht und man hört da drei, vier oder fünf verschiedene Dialekte, versteht man auch nichts mehr. Die Synchronisation, wenn sie denn gut gemacht ist, ist einfach ein sehr gutes Mittel, damit ich als Zuschauer einen Film, bei dem sich ja ein Kameramann und Beleuchter und Schauspieler und alle möglichen Leute etwas dabei gedacht haben, wenn sie Bilder gestaltet haben, in Deutschland, oder in welchem Land auch immer in meiner eigenen Sprache genießen kann und nicht Untertitel lesen muss, die mich von der Bildgestaltung ablenken, und als Untertitel natürlich auch nur inhaltlich die halbe Information oder ein Drittel der Information liefern können.
Wie gesagt, man muss das sehr differenziert betrachten. Es gibt, so wie es schlechte Theateraufführungen und schlechte Filme gibt, natürlich auch genügend schlechte Synchronisationen. Man muss auch der Ehrlichkeit halber sagen, dass in der Branche, also auch unter Schauspielern, so die Meinung besteht:
"Naja, wenn ich mal zum Synchron gehe, und ein paar Takes spreche, das mach ich mit links. Und da krieg ich gutes Geld dafür."
Oder:
"Wenn ich nicht gut genug bin, an einem Theater engagiert zu werden, oder überhaupt andere Engagements zu bekommen, bin ich beim Synchron immer noch gut genug."
Das zieht natürlich dieses Synchrongewerbe auch auf ein Niveau herunter, wo es nicht hin gehört. Aber, wie in allen Bereichen, nicht nur in der Schauspielerei, oder überhaupt in der Kunst und Unterhaltung, darf man die Messlatte natürlich nicht immer ganz nach oben legen. Es gibt eben auch im Fernsehen genügend Dinge, die synchronisiert werden müssen, aber wo´s dann eben nicht so genau drauf ankommt. Das sind dann die vielen, vielen Serien...

HörNews: Daily Soaps und so...

Schenk: Genau. Die laufen den ganzen Tag, während ´ne Frau vielleicht am Bügelbrett steht und Hemden bügelt, und da kommt´s dann nicht, sag ich mal, so drauf an. Man sollte immer gute Arbeit leisten. Aber bei den großen Filmen, die dann hauptsächlich natürlich aus den USA kommen, wenn die dann auf den deutschen oder europäischen Markt kommen, da achten die Amerikaner dann schon darauf...

HörNews: Es ist ja wohl teilweise auch so, dass sich Regisseure Stimmproben schicken lassen und daraufhin die Leute selbst auswählen.

Schenk: So ist es. Die achten dann sehr darauf und suchen nach identischen Stimmen beziehungsweise nach Stimmen, die ihnen vom Klang, denn in der Regel sprechen die auch kein Deutsch, wenn die von uns eine Stimmprobe bekommen, aber wo dann vielleicht auch vom Klang für sie was rüberkommt, wo sie glauben, dass das die Figur haben müsste.

HörNews: Sie sprechen u.a. Gary Oldman und Ralph Fiennes (aktuell im Kinofilm "Roter Drache"). Nach welchen Kriterien werden Sie als Synchronsprecher ausgewählt? Wird zum Beispiel auch auf Deckungsgleichheit der Stimmen geachtet? Oder heißt es auch: Der hat den einmal gesprochen, der soll den wieder sprechen?

Schenk: Ich fang mal mit dem letzten an. Das mit dem "Der hat den immer gesprochen, der soll den wieder sprechen", das lässt leider irgendwie in Deutschland nach. Weil die Leute, die das zu entscheiden haben, Redakteure oder jemand der vom Verleih beauftragt wurde, die Synchronisation als Supervisor zu betreuen, der sagt dann:
"Nö, die Stimme von Schenk, die gefällt mir nicht. Der ist zu knarzig."
Oder:
"Der spricht immer die Bösen."
Oder weiß der Kuckuck, was. Mit anderen Worten: Es geht dann oftmals, jedenfalls in letzter Zeit, um geschmäcklerische Fragen und nicht darum, dass man dem Zuschauer, und um den sollte es ja dabei gehen, der nun über Jahre an eine bestimmte Stimme gewöhnt ist, im Zusammenhang mit einem Schauspieler, der aus Frankreich, USA oder sonst woher kommt.... Der möchte diese Stimme dann auch wieder hören.
Ich persönlich finde das gar nicht gut, dass man da oftmals, jedenfalls in den letzten Jahren, so darüber hinweggeht. Mir persönlich ist es in letzter Zeit zweimal passiert.
Kevin Bacon habe ich ein paar Mal gesprochen. Und im Sommer wurde ein Film aufgenommen, ich kann jetzt nicht den Titel sagen, weil ich war da wie gesagt nicht dabei, da war das dann die Entscheidung derjenigen Peron vom Verleih, die die Aufnahmen als Supervisor betreut hat. Also es war dann eine ganz individuelle Entscheidung. Drei Tage vorher lief glaub ich auch nochmal im Fernsehen ein Film mit dem Kevin Bacon, wo ich ihn gesprochen habe, aber das spielte dann alles keine Rolle mehr. Jetzt momentan wird auch in Berlin ein Film aufgenommen mit Ralph Fiennes, da spreche ich ihn auch nicht...

HörNews: Schade.

Schenk: Ja, aber ich kann nichts dagegen machen. Und man muss dann einfach darauf achten, dass man sowas nicht zu sehr an sich rankommen lässt, weil ich finde das eigentlich auch schade. Ich würde mich als Zuschauer da auch irgendwie drüber ärgern, wenn plötzlich Robert De Niro eine andere Stimme hat.

HörNews: Obwohl es bei Ihnen ja auch nicht so ist, dass Sie eine feste Rolle hätten. Mir fällt als Extrembeispiel da Thomas Danneberg. Der spricht ja Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger und John Travolta und Nick Nolte. Sie haben ja nicht so eine Stammrolle, dadurch dass der Sprecher von z.B. Ralph Fiennes immer wieder wechselt.

Schenk: Nein, in dem Sinne nicht. Insofern ist der De Niro mit Brückner ein bisschen ein schlechtes Beispiel. Weil der hat so eine extravagante Stimme. Am meisten habe ich glaube ich Ray Liotta gesprochen. Den habe ich mal vor acht Jahren in dem Film "Goodfellas" zum ersten Mal gesprochen, und mit einer Unterbrechung eigentlich immer.

HörNews: Hören Sie sich selbst gern im Kino? Oder ärgern Sie sich dann auch über eigene Fehler?

Schenk: Das fällt einem natürlich auf, aber was das Hören betrifft, daran hab ich mich inzwischen gewöhnt. Als ich noch ganz junger Schauspieler war und mich zum ersten Mal gehört habe, dachte ich auch: "Um Gottes Willen, wie hört sich das denn an?" Und dann hört man seinen eigenen Dialekt noch raus. Aber entweder hab ich inzwischen diese Dinge abgelegt oder ich hab mich an meine eigene Stimme so gewöhnt, dass es mir jedenfalls nicht mehr negativ auffällt. Aber man hört natürlich auch, genauso wenn ich einen Film mit mir sehe, man hört und sieht Dinge, die man hätte anders machen können. Aber gut. Nun ist es geschehen, und dann muss man damit leben.

HörNews: Was Hörbuch, Hörspiel und Synchronisation angeht: Gibt es eine Arbeit, die Sie bevorzugen?

Schenk: Also am liebsten mache ich Hörspiel von diesen Dingen, weil man dort am meisten zu spielen hat, im wahrsten Sinne des Wortes. Und weil man mit Kollegen zusammen ist. Ja, und weil beim Hörspiel auch immer noch die Zeit der Produktion nicht eine so große Rolle spielt. Der Drehprozess, wenn ich als Schauspieler vor der Kamera stehe, der ist in den letzten Jahren extrem zeitintensiv geworden. Das Ganze findet unter sehr viel Zeitdruck statt. Und beim Hörspiel, da geht es eben noch zu, wie´s immer so war. Da wird ordentlich und sauber gearbeitet und man hat genügend Zeit. Die wünscht man sich beim Drehen eben auch öfter mal. Und insofern mache ich Hörspiel sehr, sehr gern.
Hörbuch ist eine einsame, anstrengende Angelegenheit. Mache ich natürlich auch gern, aber in der Abstufung nicht so gern.

HörNews: Wenn Sie mal Freizeit haben, was machen Sie gern?

Schenk: Wenn ich Freizeit habe, was natürlich auch oft vorkommt, dann bin ich eigentlich sportlich unterwegs. Ich wohne hier dicht am Wasser, ich hab ein Paddelboot. Heute bin ich nun gerade Schlittschuh gelaufen, weil Paddelboot geht nicht, es ist alles zugefroren in Berlin. Und ansonsten jogge ich und bin mit dem Mountainbike im Wald unterwegs und solche Dinge.

HörNews: An welchen Projekten (Hörspiel / Hörbuch / Synchron) arbeiten Sie zur Zeit?

Schenk: Zur Zeit an gar keinem, weil das Jahr geht zu Ende. Momentan drehe ich noch, habe auch heute noch kurz synchronisiert, aber nichts weltbewegendes. Ich drehe momentan noch "Der Bulle von Tölz". Gestern war ich gerade glaub ich zu sehen in "Ein Fall für Zwei". Vor zwei Wochen in einem "Tatort". Auch im Januar werden zwei Sachen zu sehen sein. "Doppelter Einsatz" und dann wird es einen neuen Film auf SAT 1 geben, aus diesen Natalie-Geschichten, wo ich immer der Vater war. Aber Hörbuch- und Hörspielmäßig im Moment garnichts. Wie gesagt, das Jahr geht zu Ende, und natürlich hoffe ich, dass es im Januar dann irgendwie wieder weitergeht.

HörNews: Noch ein paar abschließende Worte an Ihre Fans und Hörer?

Schenk: Da wir am Jahresende sind, wünsche ich natürlich allen Zuhörern und allen Fans ein frohes, gesundes neues Jahr, einen guten Rutsch ins neue Jahr, besinnliche, erholsame Weihnachten, und ich wünsche mir natürlich, dass sie weiter meine Fans und meine Zuhörer bleiben.
Und was diese Sinclair-Geschichten betrifft, war ich erstaunt und natürlich sehr erfreut, was es da für eine große und intensive Zuhörergemeinde gibt. Ich selber bin nicht im Internet. Ich hab mir jetzt zwar einen Computer zugelegt, aber den Internetzugang, den hab ich auf Januar/Februar verschoben. Aber ein Freund von mir, mit dem ich zur Schule gegangen bin, der ist immer mal mit seiner Suchmaschine im Internet unterwegs, sucht nach Udo Schenk und der schickt mir dann immer per Fax, was es da so alles gibt. Das freut mich natürlich, und ich hoffe, dass es so bleibt.

Wir bedanken und bei Frau Ramona Mohren von der "Agentur Drews" für die Kontakthilfe, bei Katja und Cathrin für das Diktiergerät und natürlich bei Udo Schenk für das nette und interessante Gespräch!
Das Interview wurde im April 2022 von Felix Bartling auf die neue HörNews-Webseite übertragen. Im Zuge dessen wurden die Audiodaten drastisch überarbeitet und die Interview-Fragen neu eingesprochen.