Der Output an Neuproduktionen im Bereich der Jugendhörspiele
tendiert seit langer Zeit gegen Null.
Während "Sieben Pfoten für Penny" (Ravensburger) in
erster Linie für Mädchen ab 8 Jahren gedacht
war, sprechen die "John Sinclair-Hörspiele" von
LübbeAudio/WortArt hauptsächlich die älteren
Hörspielfans an.
Lediglich Ravensburgers "Die Knickerbocker-Bande" schlägt
sich seit nunmehr bereits zwei Jahren
noch tapfer gegen die - im wahrsten Sinne des Wortes omnipräsente
Konkurrenz von EUROPA.
Das Quickborner Label ruht sich allerdings schon seit Jahren auf
seinen Lorbeeren aus, die längst
verwelkt sind, was auch kein Wunder ist, denn Dauerbrenner wie
"Die drei ???" oder "TKKG" hatten
ihre Blütezeit in den Achtzigern, woran auch die eine oder andere
gute Folge in den letzten Jahren
nichts ändert. Nichtsdestotrotz scheinen die Verkäufe
auszureichen, um diese Serien auch nach
zwanzig Jahren noch fortführen zu können.
Gegen diese Dinosaurier tritt nun das relativ junge Label edel
kids ("Wer ist das?", "Twipsy") mit
der brandneuen Serie "Point Whitmark" an und verweist
die Konkurrenz schon mit der ersten
("Die Bucht der 22 Schreie") von bislang sechs Folgen in
ihre Schranken. "Point Whitmark" weist
all jene Qualitäten auf, die man von einem professionell
produzierten Hörspiel heute erwartet. Dazu
gehört vor allem die sehr spannende, intelligent aufgebaute und
erzählte Geschichte mit ihren
stilsicheren, nie überzogen oder unlogisch wirkenden Mystery- und
Rätsel-Elementen. Der Fall
wird tatsächlich erst kurz vor Schluß aufgelöst und ist nicht
bereits nach wenigen Minuten vorher-
sehbar. Von den Zeitgeist-Anbiedereien so mancher anderer Serien
fehlt jede Spur. Auf derartig
ausgewogene Stories wartet man heutzutage zum Beispiel bei den
"Drei Fragezeichen" zumeist
leider vergeblich.
Der zweite positive Aspekt hat unter einigen Hörspielfans bereits
für Furore gesorgt: die orchestrale
Musik ist einfach genial und die Titelmelodie, die sehr an
amerikanische Fernsehserien erinnert, ist
schon jetzt fast ein Klassiker. Konsequent hat man bei edel den
EUROPA-Trend zu einer
möglichst modern klingenden Musik (Schlagwort: "Techno-Sound")
ignoriert - wirklich sehr erfreulich!
Auch die Zwischenmelodien und Soundeffekte können sich hören
lassen. Zudem ist die "Point
Whitmark"-Produktion auf Grund des digitalen
Aufnahmeverfahrens im Gegensatz zu den Hörspielen
aus dem Hause EUROPA völlig rauschfrei.
Abgerundet wird der rundum positive Eindruck von einer
erstklassigen Sprecherriege, dem ausge-
rechnet EUROPA heute nichts mehr entgegenzusetzen hat, was einer
gewissen Ironie freilich nicht
entbehrt. Bis in die letzte Nebenrolle leisten die Sprecher -
darunter so illustre Namen wie Henning
Schlüter (+2000), Hans Paetsch (in Folge 4) oder Rolf Jülich
(vielleicht noch einigen als die männliche
Stimme von Zoar aus "Masters Of The Universe" bekannt) -
Großartiges. Der Film- und Theater-
schauspieler Jürg Löw als Erzähler ist ein echter Glücksgriff!!!
Auch die drei Jungs aus "Point
Whitmark" - gesprochen von Sven Plate (alias Wesley Crusher -
"Star Trek-Fans" wissen bescheid),
Kim Hasper und Gerrit Schmidt-Foss - sind auf Anhieb sympathisch
und machen ihre Sache sehr
souverän.
Weniger überzeugend finde ich lediglich die Cover, die mir persönlich
viel zu "gerendert", statisch
und "glatt" wirken, was aber daran liegt, daß mir diese
Stilrichtung noch nie sonderlich gut gefallen
hat. Vor allem die Cover der kürzlich veröffentlichten Polaris-Hörspiele
fand ich diesbezüglich
grausam.
Alles in allem ist "Point Whitmark" eine der mit Abstand
besten Hörspielserien seit Langem und
verweist vor allem die dahinsiechenden Detektive aus Rocky Beach
in ihre Schranken. Wie man
sieht, lassen sich also auch heute noch - entgegen allen Annahmen
und Klageliedern aus dem
hohen Norden Deutschlands - erstklassige Hörspiele im
Jugendbereich produzieren!
Hoffentlich erwacht ein bestimmtes Label nun endlich aus seinem
Dornröschenschlaf, sonst sehe ich
in naher Zukunft "Point Whitmark" selbst in der Gunst
der meisten "Drei Fragezeichen-Fans" an
erster Stelle.
|